Betreuung und Behandlung

Die Behandlung innerhalb der Sozialtherapeutischen Anstalt NRW verfolgt einen interdisziplinären Ansatz. Unter diesem Schirm wirken der Allgemeine Vollzugsdienst, Sozialdienst, Psychologischer Dienst, Pädagogischer Dienst, Werkdienst, Verwaltung, Seelsorge sowie externe Stellen (bspw. Schuldnerberatung) integrativ zusammen, um die gesetzlichen Aufgaben und Ziele zu erfüllen, die an die sozialtherapeutische Behandlung gestellt werden (§ 13 StVollzG NRW, bzw. § 12 SVVollzG NRW).

In der konkreten Behandlung ergänzen sich individual- und milieutherapeutische Wirkfaktoren:

Milieutherapie

Milieutherapie in Form des Zusammenlebens im Wohngruppenvollzug wird in der Sozialtherapeutischen Anstalt NRW als psychosoziales Therapieverfahren verstanden, das auf individuelle Defizite und Ressourcen der Insassen im Kontext der zwischenmenschlichen Interaktion wirkt. Das multiprofessionelle Behandlungsteam, bestehend aus Allgemeinem Vollzugsdienst, Sozialdienst und Psychologischem Dienst begleitet die Insassen in allen wesentlichen Aspekten des Alltags. Hier können einerseits tragfähige Arbeitsbeziehungen aufgebaut, aber auch problematische Verhaltensweisen beobachtet, besprochen und modifiziert werden. Zugleich können vorhandene Stärken und Ressourcen identifiziert werden. Durch das Zusammentragen vieler multiprofessioneller Beobachtungen entstehen diagnostisch wertvolle Einschätzungen, die in der Behandlung auf das Individuum zugeschnitten eingesetzt werden.

Neben dem Zuwachs an sozialen Fähigkeiten bietet das Setting die Möglichkeit, schulische Kompetenzen zu erweitern und den späteren Einstieg auf dem Arbeitsmarkt mit Hilfe voll- und teilqualifizierender Maßnahmen (Umschulung zum Industriemechaniker für Instandhaltung, Fachkraft für Metall, Tischler, Elektroniker für Betriebstechnik, Industrieelektroniker) zu erleichtern. Weiterhin bilden die Rückmeldungen des Werkdienstes und des Pädagogischen Dienstes eine wertvolle Ergänzung und tragen zur Kompletteinschätzung des Insassen bei.

Individualtherapie

Anders als Maßnahmen der Milieutherapie werden individualtherapeutische Interventionen aufgrund einer individuell begründeten Indikation zugeteilt. So können gezielt Defizite bearbeitet und Ressourcen gestärkt werden.

Psychotherapeutische Einzeltherapie:

Rekonstruktion und Klärung bewusster und unbewusster Motive, interaktioneller Besonderheiten und biographischer Zusammenhänge, die mit der Straffälligkeit in Verbindung stehen. Erarbeiten und Trainieren von Strategien zur Veränderung des Denkens, Erlebens und Verhaltens.


Behandlung, Beratung und Betreuung:

Aktuell auftretende Problemlagen oder krisenhafte Zuspitzungen benötigen einen anderen Fokus als die langfristige Veränderung problematischer Denk- und Verhaltensweisen oder das Herausarbeiten deliktspezifischer Zusammenhänge. Dementsprechend sind hier alle Berufsgruppen miteinander vernetzt und arbeiten integrativ.

Deliktspezifische gruppentherapeutische Maßnahmen:

In delikthomogenen Rückfallprophylaxe-Gruppen für Sexual- und Gewaltstraftäter werden die individuellen Risiko- und Schutzfaktoren herausgearbeitet. Dies geschieht durch die Identifikation von motivationalen, situativen und persönlichkeitsrelevanten Aspekten der jeweiligen Delinquenz im Gruppensetting, unter Leitung eines multiprofessionellen Teams. Daraus entstehen hoch individuelle Strategien, die dem Insassen ein zukünftig straffreies Leben ermöglichen sollen.

Deliktunspezifische Gruppenmaßnahmen:

Merkmale, die zu einer erhöhten Rückfallgefahr beitragen, sind vielfältig. Hohe Impulsivität beispielsweise erfordert andere therapeutische Maßnahmen als eine hohe Selbstunsicherheit. Aus diesem Grund werden verschiedene Gruppenmaßnahmen angeboten, die nicht explizit den Tathergang analysieren, sondern die an weiteren Wirkfaktoren der Straffälligkeit ansetzen. So werden Entspannungsgruppen, körperorientierte Verfahren, Skillstrainings zum Umgang mit erhöhter Anspannung, soziales Training sowie eine Biographie-Gruppe angeboten, die sich als therapeutisch geleiteter Resonanzraum versteht.

Psychiatrisch/forensische Maßnahmen:

Steht eine psychisch-psychiatrische Störung in Zusammenhang mit der Delinquenz, kann eine medikamentöse Mitbehandlung mitunter notwendig sein. In diesen Fällen wird ein psychiatrisches Konsil Teil der Behandlungsplanung. Ebenfalls erfolgt die konsiliarische Zusammenarbeit im Falle einer forensisch-psychiatrisch notwendigen, medikamentösen Triebdämpfung, die nach fachärztlicher Abklärung in Absprache mit dem Insassen eingeleitet wird.